Die Gottesanbeterin, das religiöseste Tier der Welt

Zugegebenermaßen, eigentlich stimmt das so gar nicht. Obwohl du es aufgrund ihrer Gebetshaltung vermuten könntest, ist die Gottesanbeterin alles andere als religös. Du wirst schockiert sein!
Die Gottesanbeterin, das religiöseste Tier der Welt
Érica Terrón González

Geschrieben und geprüft von der Tierärztin Érica Terrón González.

Letzte Aktualisierung: 22. Dezember 2022

Die Gottesanbeterin gehört zur Ordnung der Mantodea (Fangschrecken) und ernährt sich von anderen Insekten wie beispielsweise Grashüpfern. Ihr Name leitet sich vom griechischen Wort für “Prophet” oder “Wahrsager” ab, denn früher glaubten die Menschen, dass sie das religiöseste Tier der Welt sei.

Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Haltung, ihres geraden Körpers und den zusammengeführten Vorderfüßen sieht sie tatsächlich aus, als würde sie beten. Daher trägt sie auch heute noch den Namen Gottesanbeterin.

Wenn sie sich in dieser Pose befindet, bleibt ihr gesamter Körper völlig reglos. Nur ihr Kopf bewegt sich in alle Richtungen und sucht nach Beute. Sobald sich diese in ihrer Reichweite befindet, erfasst die Gottesanbeterin ihre Beute blitzschnell mit ihren kräftigen Vorderbeinen und verzehrt sie lebendig. Möglicherweise erscheint sie dir nun schon gar nicht mehr so religiös!

Die Gottesanbeterin, das religiöseste Tier der Welt?

Die Gottesanbeterin ist die bekannteste der 2.450 Mantiden-Arten. Beinahe alle Mantiden haben die richtige Farbe und Form, mit der sie sich perfekt ihrer Umgebung anpassen können. Viele sind grün oder braun und sehen lebenden oder toten Blättern auf den Pflanzen der Umgebung täuschend ähnlich. Diese Tarnung ist aus zwei Gründen sehr wichtig:

  • Normalerweise jagen sie ihre Beute nicht. Stattdessen warten sie bewegungslos, bis sich die Beutetiere in ihre Reichweite bewegen. Durch die Tarnung können ihre Opfer sie nicht rechtzeitig erkennen.
  • Obwohl ihre Vorderbeine stark genug sind, um andere Insekten zu fangen, sind sie gegen Vögel und Eidechsen wirkungslos. Da sich die Gottesanbeterin nur langsam fortbewegt, muss sie sich verstecken, um nicht selber gefressen zu werden.
Gottesanbeterin - auf einem Holzbrett

Gottesanbeterinnen haben zwei Flügelpaare. Die äußeren sind normalerweise schmal und ledrig. Sie dienen der Tarnung und als Schutzschild für die durchscheinenden und zarteren Hinterflügel.

Morphologie

Alle Fangschrecken haben große dreieckige Köpfe, die an der Vorderseite schmaler und an der Hinterseite breiter sind. Dort befinden sich auch ihre großen Augen. Außerdem haben sie fadenförmige Fühler und können mit ihrem Mund kauen. Sie sind zwischen 7 und 18 Zentimetern groß.

Der Thorax besteht aus drei Bereichen, die mit flexiblen Gelenken verbunden sind. Dies ermöglicht der Gottesanbeterin eine Vielzahl unterschiedlicher Bewegungen, insbesondere mit dem Kopf und den Vorderbeinen, was für das Erspähen und Jagen der Beute sehr hilfreich ist.

Aber ihr auffälligstes Merkmal sind ihre Vorderbeine. Diese Fangarme eignen sich perfekt dafür, Beute zu greifen und diese mit den an den Beinen befindlichen Widerhaken gut festzuhalten.

Wovon ernährt sich eine Gottesanbeterin?

Gottesanbeterinnen ernähren sich normalerweise von Wirbellosen, meistens von Insekten. Allerdings gibt es größere Exemplare, die auch Frösche, Vögel und sogar Eidechsen fressen. Was auch immer die Beute ist, sie verzehren sie lebendig.

Sie warten regungslos darauf, dass sich die Beute in ihre Reichweite bewegt oder nähern sich ihr mit langsamen und sehr vorsichtigen Bewegungen. Allerdings jagen sie auch manchmal ihre Beutetiere. Gottesanbeterinnen sind dazu in der Lage, Insekten während des Fluges zu fangen.

Und von wem werden sie gefressen?

Auch diese Fangschrecken haben viele natürliche Feinde. Obwohl sie hervorragende Jäger sind, werden sie ebenfalls von zahllosen Jägern verfolgt. Beispielsweise von Spinnen, Kröten, Eidechsen, Schlangen, Vögeln und Fledermäusen.

Wenn sich die Gottesanbeterin bedroht fühlt, stellt sie sich aufrecht hin, spreizt ihre Vorderbeine und öffnet ihre Flügel. Durch die Spannweite ihrer Flügel wirkt sie größer und somit auch gefährlicher. Darüber hinaus gibt es einige Fangschreckenarten, die diesen Effekt noch durch leuchtende Farben und Muster auf ihren Hinterflügeln verstärken. Wenn sich der Angreifer davon nicht abschrecken lässt und die Gottesanbeterin sich immer noch bedroht fühlt, greift sie an.

Gottesanbeterin - auf einem Ast

Während der Fortpflanzung verhält sich die Gottesanbeterin alles andere als religös

Die weibliche Gottesanbeterin ist so unersättlich, dass das Männchen sehr achtsam sein muss, um nicht selbst zu einem Beutetier zu werden. In einigen Fällen benötigt ein Männchen während der Werbung mehr als eine Stunde, um sich 30 Zentimeter auf das Weibchen zuzubewegen. Nachdem er sich so langsam an sie angenähert hat, springt er auf, greift sie und paart sich mit ihr.

Er klammert sich mit seinen Vorderbeinen an den Oberkörper des Weibchens und ihre Flügel und beugt anschließend seinen Bauch, um sein Sperma in einer speziellen Kammer nahe der Bauchspitze des Weibchens abzulegen.

Gottesanbeterin - bei der Paarung

Wenn das Weibchen nicht zufrieden ist oder bemerkt hat, dass sich das Männchen nähert, kann es passieren, dass sie ihn verspeist. Dabei beginnt sie mit seinem Kopf. Obwohl das Männchen bereits geköpft ist, ist es dennoch in der Lage, die Paarung zu vollenden. Das liegt daran, dass der Paarungsvorgang über ein Nervenzentrum im Bauch gesteuert wird. Dieser sogenannte sexuelle Kannibalismus kommt bei allen Mantiden-Arten vor.

Abschließende Gedanken

Viele Tierarten können ein trügerisches Aussehen haben, entweder zum Guten oder zum Schlechten. Im Fall der Gottesanbeterin scheint es, als ob das religiöseste Tier der Welt in Wahrheit gar nicht so sanftmütig und zahm ist, wie es ihr Aussehen vermuten lassen würde. Es handelt sich um einen cleveren Insektenjäger, der dies außerdem auf sehr makabre Art und Weise tut.

Aber ist das nicht die Schönheit der Natur? Sie ist voller wundersamer Überraschungen.


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